Uploadfilter sind der Dreh- und Angelpunkt der momentanen Urheberrechtsdebatte, die sich gerade zu einem neuen Generationenkonflikt auszuweiten scheint.
Der Vorschlag für eine Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt regelt die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in digitalen Medien. Sie sieht vor, dass auch im Internet der Betreiber für bei ihm zu lesene, hörene oder sehene geschützte Inhalte verantwortlich ist.
Eine große Videoclip-Platform macht dagegen mobil. Sie argumentiert, dass sie, falls sie nun wie alle anderen für geschützte Werke zahlen müsste sogenannte Uploadfilter verwenden müsse, die durch Ungenauigkeit auch legitime Werke blockieren und dies einer Zensur gleich käme. Dieses zentrale Argument verdient eine genauere Betrachtung.
Der amerikanische Betreiber der erwähnten Videoseite ist in Europa marktbeherrschend. Er unterhält daneben weitere zentrale Dienste und Betriebssysteme als Monopolist oder Markführer. Nach eigenen Angaben werden bei ihm in jeder Minute 300 Stunden Videomaterial hochgeladen.
Darunter dürfte auch viel abstoßender, obszöner, porografischer, gewaltverherrlichender, krimineller und jugendgefährdender Inhalt sein. Solche Clips sind jedoch – dankenswerterweise – nicht zu sehen. Wie ist das möglich? Die Technologie zum „Sauberhalten“ in diesen Dimensionen dürfte von Anfang an das eigentliche Kapital des Betreibers sein.
Man munkelt zwar von Herscharen von Redakteuren auf den Philipinen und deren psychische Belastung durch das Betrachten all der Schrecklichkeiten, das Gros des Materials jedoch dürfte automatisiert gefiltert werden. Der Betreiber verfügt hierzu über modernste Verfahren und die besten Softwareentwickler der Welt. Umso überraschender, dass ein sonst in allen Bereichen haushoch überlegene Gigant plötzlich mit eigener Unzulänglichkeit argumentiert.
Ist bei der Erkennung zum Beispiel von Pornografie noch Mustererkennung und künstliche Intelligenz in Form von neuralen Netzen im Einsatz, die vielleicht überdurchschnittlich viele hautfarbende Pixel in oszillierender Bewegung feststellen ist das trennscharfe Erkennen von Geschützten Inhalten damit verglichen fast trivial: Eine Vergleichsoperation mit einer Datenbank von Signaturen z.B. aus den eigenen Streamingdiensten.
Letztere dürfte wie alle anderen automatisierten Filter längst im Einsatz sein. Man möge als kleinen Selbstversuch etwas Hollywood-Material oder einen ASCAP/BMI registrierten Musiktitel hochladen und zuschauen, was passiert und wie schnell. Genau so war es übrigens schon vor zehn Jahren.
Will sagen: Automatisierte Filter laufen von Anfang an, ohne sie kann eine Videoplattform keine Minute existieren. Das Argument von deren Ungenauigkeit ist vorgeschoben.
Überrasschend aber ist die Macht, mit der sich fünf Millionen Unterschriften ans Ministerium liefern und Zehntausende junge Leute auf die Straßen bringen lassen. Man würde sich wünschen, ebensoviele Menschen träten für den Klimaschutz ein.
Epilog: „Lasst euch das Internet doch wenigstens kurz erklären, bevor ihr es kaputt macht“ ist als Slogan schon ziemlich ausgefuchst, hat schon fast Brexit-Qualtiäten. Man macht ein wirtschaftliches Interesse zu einem Generationenkonflikt. Gespaltene Gesellschaften lassen sich bekanntlich leichter beeinflussen als friedliche.