Sagenhaft! Wie slick es hier aussieht… Das Verrückte dabei: Ich habe NICHTS getan! Ging völlig automatisch per nächtlichem WordPress-Update. Nichts mehr zu tun ist ein Trend, der zusammen mit dem neuen Look dazu inspiriert, nach fast drei Jahren mal wieder was zu schreiben.
Erstens: New Yorks tausendfach postkartengeschädigte und trotzdem immer wieder anheimelnde Skyline in edlem schwarzweiß, etwas überbelichtet, nach Süden blickend. Wenn mich nicht alles täuscht ist das Empire State an der 34sten Straße zwischen 5ter und 6ter Avenue. Ergo könnte das Foto von einem Gebäude z.B. an der 42sten Straße aufgenommen sein, neben der 34sten eine der wenigen, auf denen man in beide Richtungen fährt.
Habe ich das Foto aufgenommen? Bin ich ein cooler New Yorker mit eigenem Blog? Absolut nicht, ich schmücke mich nur mit fremden Federn, die ich in diesem Fall noch nicht mal selbst aussuchen musste. Sie sind einfach da und ich sehe damit gut aus. Hätte ich nicht zufällig nachgesehen würde ich es noch nicht einmal bemerken.
In 2016 setzt sich ein Trend fort: Man braucht rein gar nichts mehr selbst zu denken oder schaffen um sich zu profilieren oder auch nur im Straßenverkehr zurecht zu finden. Noch nicht mal einn Suchbegriff muss man zuende schreiben, es ist einfach alles hochglänzend schon fertig. „User Generated Content“ weicht „Prefab Slickness“, denn die meisten User können ja in Wahrheit selbst gar nichts generieren oder kreiren, viele nicht mal kopieren.
Man muss andersherum betrachtet mit viel Willenskraft gegen immer wieder aufkommende Impulse das Navi ausgeschaltet lassen um sich zu erinnern, dass man auch noch selbst von Hamburg nach Köln findent und zurück. In zehn Jahren wird man sich dagegen mit Unglauben und Verwunderung an die Zeiten erinnern, als man sein Auto noch selbst steuern musste.
Und dann das ganze Profilieren, Schlüsseltätigkeit des modernen Menschen in einer Industriegesellschaft. Das Smartphone macht einem anhand des Bewegungsprofils automatisch ein cooles Hollywood-Style Reisetagebuch mit Karten und Fotos, fertig zum „teilen“. Hat man, wo immer man auch war mit dem Telefon ein paar kurze Videos gedreht, entsteht über Nacht ein professionell nachbearbeiteter und geschnittener Film unterlegt mit Musik, die man gemäß des eigenen Hörprofils mag. Und das schlimmste ist: Es funktioniert.
Die Mega-Industrie hinter der Produktwelt bedient schon immer den Markt der menschlichen Passivität. Am besten verkauft sich, was das Leben bequemer macht und einen gut aussehen lässt. Erstaunlich spät überträgt sich das nun in die Online-Welt, in der man bisher ja noch irgendwie aktiv sein muss und sei es nur, indem man mal einen lustigen Halbsatz bei Facebook postet.
Wer oder was einen ohne etwas dafür zu verlangen gut aussehen lässt, zu dem entwickelt man eine erstaunliche Loyalität, in dessen Nähe hält man sich naturgemäß gerne auf. Teilt sich aber nun die Menschheit noch stärker in passive Verbraucher und Kreative in der Industrie, die alles schon vorgekaut fertig haben? Wird man noch jemals liebevoll ein Fotobuch von einer Reise zusammenstellen, wenn es schon längst fertig mit neuster cooler Indie-Musik auf dem Server liegt oder Website schon mit impress.ly zusammengestellt ist?
Vielleicht – und das ist wie alles hier nur eine unmaßgebliche Meinung – wird die Fähigkeit selbst zu denken und zu handeln in Zukunft noch seltener und damit wertvoller. So wie in den 90ern der computeraffine Bekannte gesellschaftlich die Rolle des Autobastlerkumpels übernahm („Schatzi, ich mach‘ dir dein Auto!“), so könnte einen in Zukunft die Fähigkeit, ein Bild zu malen, einen Schraubenzieher am richtigen Ende anzufassen oder ein Auto selbst zu steuern zu einem Teil einer gesellschaftlichen Elite werden lassen.