Denkt endlich mal jemand einen Meter weiter und versteht, was uns hier gerade passiert? Das ganze schöne Internet eine einzige große Abhörmaschine. 500 Millionen deutsche Verbindungsdaten monatlich direkt an die Amis. Warum nicht gleich alle, oder sind das am Ende schon alle? Auch egal. Es macht keinen Spaß mehr, das Netz zu nutzen und neue, schöne Sachen dafür zu entwickeln. Man hat Lust, seinen Computer wegzuschmeißen und sich wieder eine Schreibmaschine zu kaufen.
Klar muss jedem spätestens an diesem Punkt sein: Es wird alles getan, was technisch möglich ist. Dieser Satz verdient es, wiederholt zu werden: Alles was technisch möglich ist wird getan. Noch unbestätigt – mal sehen was als der Guardian als nächstes bringt – aber nur folgerichtig ist, dass die amerikanischen Betriebssystemhersteller nicht erst seit dem Patriot Act für die eigenen Geheimdienste Hintertüren vorsehen. Frau Merkel weiß schon (oder wahrscheinlich auch nicht, aber das ist wieder ein anderes Thema), warum sie kein iPhone hat.
Dies würde zumindest erklären, warum der berühmte Bundestroyaner in Deutschland entwickelt werden musste. Es gab mangels Bedarf schlicht keine entsprechenden Produkte aus den USA, die man statt dessen hätte anschaffen können. Was bedeutet eine Hintertür in einem Betriebssytem? Vollzugriff auf alle Daten und Funktionen, Kameras, Mikrofone, Sensoren, GPS. Wieviele nicht-amerikanische Betriebssystem für Recher und Smartphones kennen wir? Na gut, wir kennen ein paar, aber wieviele kennt der normale Verbraucher?
Leider reiht sich der weltgrößte Datenskandal, wenn er denn mal als solcher wahrgenommen wird nahtlos in die Reihe der vielen anderen Legenden. Lance Armstrong hat nie gedopt. Der Irak hatte Massenvernichtungswaffen. Die Berliner Demonstranten waren selbst Schuld am Tod Benno Ohnesorgs. Kernkraft ist sicher. Die Geheimdienste verstoßen nicht gegen geltendes Recht. In Fukushima gab es keine Kernschmelze. Es lohnt sich mitunter, offiziellen Versionen der Wahrheit erstmal per se zu misstrauen, denn so vieles entpuppt sich irgendwann als eine einzige, riesengroße Lüge. Noch sind die Gedanken frei.
Die immer noch große öffentliche Gelassenheit im Umgang mit diesem Thema aber verwundert wenn man sich darüber klar wird, wer uns da eigentlich abhört. Edward Snowden ist ein sehr, sehr mutiger Mann. Gleiches gilt für Chelsea (Bradley) Manning, die/den man nur noch bei der neuzeitlichen medialen Hinrichtung, dem Perp-Walk sieht.